Vilbel: der Kurpark – ein echter Siesmayer ?

Wir wären die ersten die es begrüßen würden, wenn der Kurpark von Bad Vilbel ein Werk der Gebrüder Siesmayer oder von Philipp Siesmayer ist.

Doch leider weit gefehlt. Auch wenn darüber die Meinungen derzeit noch weit auseinander gehen und zwei Pläne das belegen sollen. Nach unseren klaren Forschungsergebnissen ist zumindest die Parkanlage in ihrer Gesamtheit und auch der Kernbereich vor dem Kurhaus eindeutig kein Werk der Gebrüder Siesmayer und auch nicht von Philipp Siesmayer, sondern eine Auswahl an sehr schönen Gehölzen aus den Konkursbeständen der Siesmayerschen Baumschule Elisabethenhain Vilbel. Ist das denn nichts?

Der Kurpark wurde nämlich bereits 1930 unter der Leitung von Rudi Velten (1887- 1966) begonnen und grundständig die Wege usw. angelegt, wie Fotos im Stadtarchiv zeigen. Von 1931-33 wurden zudem „zur Verschönerung des Stadtbildes“ das Niddaufer von der Eisenbahnbrücke bis zur Rathausbrücke von der Stadt mit Pappeln bepflanzt. Auch das kein Plan der Gebr. Siesmayer sondern bereits Bestand. Parallel wurde das Gelände mit Bäumen bestückt unter Verwendung auch der Baumbestände aus dem Konkurs der Baumschule Elisabethenhain (1932) (Quelle: W. Giegerich).  Wie schmerzhaft dieser Konkurs für die Siesmayers war und welche unrühmliche Rolle hierbei aus der Sicht der Siesmayers neben Anderen auch die Stadt Vilbel spielte, läßt sich in der Chronik der Gebrüder Siesmayer vom Juni 1933 nachlesen.

Von daher kann ausgeschlossen werden, dass es nach diesem Konkurs noch zu irgendeiner Geschäftsverbindung oder Aufträgen zwischen der Stadt und den Siesmayers kam (Aufträge oder gar Rechnungen darüber existieren übrigens nicht), zumal sich Philipp Siesmayer „über das Entfernen der Bäume aus dem Elisabethenhain und die nicht fachgerechte Versetzung in den Kurpark ohne Bezahlung aus der Konkursmasse heraus“ beklagt. Ein Auftrag zu Entwurf und Errichtung des Kurparks sieht anders aus.

Auch fehlen eine Vielzahl der für die Gebrüder Siesmayer so typischen Merkmal ihrer Handschrift, u.a. die Bodenmodellierung. Sie waren Meister darin.  (Einzelheiten siehe SIESMAYERS STIL)

Im Stadtarchiv Bad Vilbel existieren allerdings zwei Pläne mit einem Ausschnitt des Kurparkes, die mit dem Namen Philipp Siesmayer in Verbindung stehen, jedoch beide erst nach der Erstanlage des Kurparkes datiert sind. Ich hatte Gelegenheit, mir diese im Büro von Herrn Kunzmann im Original genau anzusehen:

1. Plan von 1933:
(Stadtarchiv Bad Vilbel)

Nicht ausgeführter Entwurf mit Stempel und Kürzel-Signatur von Philipp Siesmayer aus dem Jahre 1933 (die Datierung ist von anderer Hand nachgezogen) für den „Neuen Kurpark Bad Vilbel“. 
Dieser Plan entstand eindeutig erst nach dem Konkurs der Fa. Gebr. Siesmayer 1932 und ist damit als private Arbeit von Philipp Siesmayer anzusehen.

2. Plan um 1934:

(Stadtarchiv Bad Vilbel)

Ein weiterer Plan erst nach Beginn der Errichtung des Kurparks 1930 auf Pergament aus dem Nachlass von Hermann Beuler, dem Sohn des 1. Vorsitzenden des Kriegervereins Wilhelm Beuler, Initiator des 1934 errichteten „Kriegerehrenmals“ im Kurpark.

Planüberschrift (Fragment): “… Kriegerehrenmales in Vilbel“
(das noch entzifferbare Fragment, nachträglich abgeschnitten)

Eine Rekonstruktion könnte folgende Planbezeichnung ergeben:

Lageplan / Handriß über die Aufstellung des
Kriegerehrenmales in Vilbel

Bezeichnet: „gez. Ph. Siesmayer, Ffm“

Diese beiden Pläne werden von der Kommune Bad Vilbel zum Nachweis ins Feld geführt, dass Philipp Siesmayer den Kurpark Bad Vilbels entwarf. Doch warum sollen die Gebrüder Siesmayer so wenige Jahre nach der Errichtung des Kurparkes 1930 neue Pläne angefertigt oder den Park gar erneut gestaltet haben? Und das nach alle dem Ärger rund um den Konkurs des Unternehmens?  Zudem fehlen typische Merkmale, die den Gebr. Siesmayer bei der Anlage von Parks wichtig waren und ihre Handschrift ausmachten.

Wir gehen nach unseren eingehenden Recherchen davon aus, dass beide Pläne die unterschiedlichen Überlegungen zur genauen Positionierung des Kriegerdenkmals innerhalb des bereits errichteten Kurparks Vilbel festhält, zu denen Philipp Siesmayer als Privatmann vom Verein und insbesondere Wilhelm Beuler zu Rate gezogen wurde.

Der Kurpark Bad Vilbel ein echter „Siesmayer“? – leider nein.

  • Dem Kurpark fehlt es an der typischen Siesmayerschen Handschrift der Bodenmodellierungen.
  • Der Kurpark wurde nachweislich bereits 1930 vor der Datierung der beiden Siesmayerschen Pläne von Rudi Velten in seiner Grundstruktur (Wegebau etc.) angelegt, was auch Fotos belegen. Wenig Chance für grundständige Siesmayersche Konzepte.
  • Es ist kein Auftrag der Stadt Vilbel an die Siesmayers dokumentiert.
  • Alle vorliegenden Pläne datieren NACH dem Konkurs der gebr. Siesmayer.
  • Die Verärgerung der Gebr. Siesmayer über die Gemeinde Vilbel steht zudem der Annahme entgegen, der Kurpark sein von Philipp Siesmayer entworfen worden.
  • Auch wurden um 1939 noch Pflanzungen seltener Baumarten aus dem Bestand des Büdesheimer Schlossgartens (links vom Kurhaus / heute an der Parkstr.) vorgenommen, die Dr. Vogelsberger (Initiator des Brunnentempels) auf Vermittlung des Schlossgärtners Fritzel nach Vilbel holen konnte (Bericht der Enkelin Fritzel).

Bei aller Faktenlage ist dennoch jede Aktivität zu begrüßen, den Namen Gebrüder Siesmayer in der Stadt Bad Vilbel auch heute in Ehren zu halten, die immerhin 55 Jahre (1877-1932) mit dem Elisabethenhain eine bedeutende Baumschule in der Stadt betrieben, deren Produkte weltweit gefragt waren und bis in den Vatikan! gelangten. Mit der Siesmayerstraße und der Elisabethenstraße zwei Straßen in Bad Vilbel, die die Erinnerung wach halten. Anläßlich des Hessentages 2025 ( der leider 2020 abgesagt wurde) gibt es seitens der Stadt Bad Vilbel zudem weitere Überlegungen, das Thema Siesmayer in der Stadt zu verankern. Wir begrüßen das grundsätzlich.

 


* Die „Stadt Bad Vilbel“ gibt es zum Zeitpunkt der Entstehung des Kurparks namentlich so noch nicht, sondern nur die „Gemeinde Vilbel“. Erst 1848 werden ihr die Stadtrechte und zugleich das Prädikat „Bad“ verliehen.